Johann Ferdinand Zwanziger

Es sind Zeiten großer sozialer Spannungen und ärmlicher Verhältnisse, als

Johann Ferdinand Zwanziger

am 1. Februar 1844, wahrscheinlich in der Webergasse 179, in Nordhausen geboren wird.
Der Großvater „Johann Ferdinand Zwanziger“
( 1841 verstorben) wohnte mit seiner Frau Henriette Marie, geb. Beatus,(1846 verstorben) in der Elisabethgasse 835 h, einer der ärmsten Gegenden Nordhausens.
Der Beruf des Großvaters war Handarbeiter, Nachtwächter und Ablader.
Sein Vater war der ca. 1875 verstorbene „Johann Zwanziger“, der mit seiner Frau Johanna, geb. Busse, im Jahre 1846 in der Webergasse 179 wohnte.
Der Vater war von Beruf Maurergeselle.

Im Alter von 14 Jahren beginnt Johann Ferdinad Zwanziger eine Lehre als Handschumacher.
Die Handschuhe, die er herstellte, waren nicht für die breite Masse, sondern für die begüterte Oberschicht bestimmt.

Ferdinand, auch mit Spitznamen „Nante“ genannt, machte eine Lehre von wahrscheinlich 3 Jahren. Meist musste er 14 Stunden arbeiten.
Gearbeitet wurde von Montag bis Sonnabend voll und auch Sonntag, wenn das Geschäft offen war oder die Termine  für die Kundschaft drängten.

Auch wenn an Essen, Lohn und Heizung gespart wurde, auf die Kleidung achtete der Meister sehr genau - denn auch der Lehrling war Werbung für die Firma.

Der nur 1,50 Meter große Mann ist deshalb auch später sehr auf seine äußere Erscheinung bedacht.
Man sieht Ihn nur mit Zylinder, Gehrock, weißen Handschuhen und einem viel zu großem Spazierstock (der ging ihm bis unter die Achseln!). Im Sommer trug er immer eine Blume im Knopfloch seines Gehrockes.

Er wurde oft wegen seiner Kleidung gehänselt und dann hieß es:

„Do kämmet dr Professer!“

Als junger Mann erfuhr er von der Gründung des deutschen Kaiserreiches 1871 und erlebte, wie sich die sozialen Spannungen weiter verschärften. Ein persönlicher Einschnitt in seinem Leben, war der Tod seines Vaters. Danach lebte er weiter mit seiner Mutter zusammen. Finanziell ging es ihm wahrscheinlich wieder besser.

Er konnte sich ein Hobby leisten und entschied sich für die Wetterbeobachtung.
Aus dieser Zeit ist bekannt, dass er sich einen Kompass aus Kork zusammengebastelt hat.
Seine Mutter hatte sehr großen Einfluss auf ihn.
Im Adressbuch von 1897 erscheint er als Privatmann, also als ein Nichtarbeitender. Die Vermutung liegt nah, dass er in dieser Zeit Wege für die Pfarrei erledigte.
Diese Tätigkeit ließ ihn ständig in der Stadt präsent sein.
Zwanziger nahm an Veranstaltungen regen Anteil.
Um die Jahrhundertwende entwickelte sich Zwanziger erst zum Original.

Nach dem Tod seiner Mutter (1906/1907) zog er in den Siechenhof.
„Siechhewer“ war ein böses Schimpfwort in Nordhausen und deutete auf allerärmste Verhältnisse hin. Damit fand er sich aber nicht ab, er wollte kein abseitsstehendes Mitglied sein.

Zusätzlich zum Anzug trägt er bald eine Ledertasche, ein Fernrohr, ein Notizbuch und einen Bleistift mit sich. Man macht sich einen Spaß daraus, ihn nach dem Wetter zu fragen.
Er war ein leidenschaftlicher Zigarrenraucher und froh, wenn er für seine Wettervorhersagen eine bekam.
Oft sprechen ihn Passanten an: „Sagen sie, Herr Professor, wie wird denn das Wetter?“ Meist sah er dann zum Himmel auf, wartete, bis der Fragesteller eine Zigarre oder Zigarette zückte und antwortete dann bedeutungsschwer: „Wenns hiete so äß, wie morjen, do hätt sich am Wätter nischt geängert.“
Oder Kurioses, wie: „Montag haben wir Wechsel, darum ist es am Dienstag schön und der Mittwoch bleibt wie der Dienstag. Deshalb ist es morgen am Sonntag noch unbestimmt.“
So überzeugend bringt Zwanziger seine Vorhersagen an, dass viele Leute an seine Gabe glauben.


Eines Tages wird Zwanziger zugetragen, das Warttürmchen solle eine meteorologische Station werden und es sei keine Kunst, das Wetter zu lesen. Man brauche dafür nur die richtigen Geräte. Schon bald darauf sieht man Zwanziger mit einem Ofenrohr zum Türmchen spazieren. Doch der erhoffte Erfolg bei seinen Wetter-Vorhersagen bleibt aus.

So schaut er sich auch weiterhin die meteorologischen Voraussagen an der Nordhäuser Hauptpost an.

Noch manch anderen Schabernack treibt man mit ihm. Irgendwann erhält Zwanziger die Nachricht, der „Präsident“ wolle ihn kennenlernen. In einer Gaststätte feiert dieser „Präsident“ dann Zwanziger als den besten aller lebenden Meteorologen. Mit stolz geschwellter Brust, einem Orden und in dem Glauben, er sei wirklich ausgezeichnet worden, spaziert Professor Zwanziger nach Hause.

Der Titel „Professor“ war in der Anfangszeit ein Spottname. Freunde und Bekannte wussten von seinem Steckenpferd - dem Wetter - und fragten ihn danach und so wurde er zum Wetterpropheten von Nordhausen.
Im Laufe der Jahre war der Titel „Professor“ zu einem Ehrennamen geworden und verschaffte ihm die Illusion, zu den angesehenen Bürgern der Stadt zu gehören.

Es erschienen sogar Postkarten mit seinem Bild in Nordhausen.

Der Name Zwanziger ist einmalig und taucht 1824 nur einmal in den Adressbüchern auf.
Er war unverheiratet und hatte keine Kinder.

Johann Ferdinand Zwanziger starb am 18. November 1919 und wird auf dem Friedhof an der Leimbacher Straße begraben.

Mit seinem Tode erlosch auch der Name Zwanziger aus Nordhausens Adressbuch.

Die Zwanziger wohnten:

1846 in der Webergasse 179;
1852 am Petersberg 198;
1856 am Petersberg 200;
1863 Hinter der Mauer 131 d;
1877 in der Mauerstraße 3;
1895 in der Weberstraße 38;
1897 in der Weberstraße 50;
1904/1905 in der Gartenstraße 3.

    In den Adressbüchern wird Zwanziger geführt:
    • Am 1. Februar wahrscheinlich in der Webergasse 179 geboren
    • 1885 (41 Jahre später) tauchte sein Name im Adressbuch als Arbeiter auf
    • 1897 als Privatmann
    • 1900 als Handschuhmacher
    • 1902 als Arbeiter
    • 1904/1905 als Invalide
    • ab 1908 als Hospitalist
    • nach Tod seiner Mutter zog er in den Siechenhof
    • starb am 18. November 1919 im Siechenhof im Alter von 75 Jahren